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Potosi -> Sucre

Friday, June 20th, 2008

Nachdem wir erst Freitag abends in Potosi angekommen waren, ging es schon Sonntag abend etws hektisch wieder weiter nach Sucre. Warum, folgt unten.
Wir, dass waren seit Uyuni Karen, die Englaenderin, die auf der Tour ubeer den Salar getroffen hatte, und Verity & Tom, ein englisches Paerchen, das Karen schon vom vorherigen Reisen kannte und in Uyuni wiedergetroffen hatte. Man kommt unterwegs schnell mit anderen Reisenden in Kontakt, so dass man oft nicht alleine unterwegs sein uss, ausser man will es.

In Potosi sind die protestierenden Minenarbeiter nach Aufheben der Strassensperre keineswegs ins verdiente Wochenende gegangen, nien, vielmehr haben sie uebers Wochenende die Hauptplatz der Stadt mit Lastern und Baggern blockiert und dort ausgeharrt. (Allerdings, so erfuhren wir spaeter, sind das wohl eher die Vorabrieter, das “gemeine Minenvolk” arbeitet wahrend der Proteste natuerlich weiter. Auf dem Platz wurden immer sowas wie sehr maechtige Knaller gezuendet (genauer gesagt in die Luft geschossen, wo sie dann in einer sehr lauten Dreiersalve explodierten).

Die Minen im Cerro Rico kann man besuchen, was wir auch gemacht haben. Mehr dazu vielleicht spaeter, wenn ich auch Bilder davon hochladen kann. Eigentlih wollten wir am Montag in die Minen, haben aber Sonntag frueh erfahren, dass ab Mitternacht die Blockaden fuer unbestimmte Zeit wieder aufgenommen werden. Also haben wir die Minentour fuer Sonntagnachmittag gebucht und fuer die knapp 3h-Fahrt nach Sucre ein Taxi fuer den abend bestellt. So spaet waeren naemlich keine Busse mehr gefahren, und ausserdem war es fuer uns vier pro Person jeweils nur etwa einen Euro teurer als die Busfahrt (das Taxi hat 50Bs p.P. gekostet – ca. 5 Euro).

Leider hat der Fahrer es nicht geschafft, in Potosi und auf dem Weg nach Sucre rechtzeitig Benzin zu tanken. An der ersten Tanke war anscheinend die Schlange zu lang oder das Benzin zu teuer, an der zweiten gab’s keins, an der dritten “Tankstelle” – das waren nur ein paar Haueser im Nirgendwo, aber auch da fragte unser Fahrer nach – auch nicht und so naeherte sich die Tanknadel von Anfang Reserve langsam aber sicher dem Ende der Reserve. Letzten Endes mussten wir irgendwo auf nicht mal halber Strecke stehen bleiben.

Zum Glueck hatte der Fahrer zumindest Handyempfang. Nach etlichen, immer aufgeregter werdenden Telefonaten meinte er, es wuerde uns jemand Sprit bringen. Und in der Tat, nach gerade mal knapp 3h Wartezeit (so viel wie die eigentliche Fahrzeit) brachte uns sein Schwager (?) zwei Kanister Benzin und wir konnten weiterfahren. Eigentlich war die Sache ganz lustig, es war nicht sonderlich kalt, wir hatten ausreichend Keksvorraete & Getraenke und viel Spass bei albernen Spielchen und Fotoexperimenten zum Zeitvertreib (ich glaube, unserem Fahrer Juan ist es schon Angst und Bange geworden wegen der vier gringos locos in seinem Wagen ;-). Nachts um eins kamen wir dann endlich in Sucre an.

Sucre ist die offizielle Haupstadt Boliviens, aber nur noch Sitz des obersten Gerichts. Legislative und Judikative befinden sich in der de-facto-Hauptstadt Boliviens, in La Paz. Sucre ist eine schoenes, nicht allzu grosses Universtitaetsstaedtchen mit – dank seiner geschuetzten und vergleichsweise niedrigen Lage auf rund 2900m – angenehmen Klima. Zum ersten Mal seitdem ich in Bolivien bin, war es nicht kalt und man konnte tagsueber voellig problemlos im T-Shirt rumlaufen.

Uyuni -> Potosi – Kaelte, Blockaden, Minen, Bolivianos

Friday, June 20th, 2008

Nachdem ich gestern mal wieder ein paar Bilder hochgeladen habe (ein langsamer, qualvoller Prozess!), heute ein schriftliches Update.

Von Uyuni aus bin ich nach Potosi (eigentlich mit Akzent auf dem i) gefahren. Die Busfahrt hatte sich um einen Tag verzoegert, da die Minenarbeiter aus Potosi die Strassen nach Potosi blockiert hatten (Strassenblockaden sind hier in Suedamerika wohl sowas wie ein Volkssport). Am Freitag, dem 13.06., ging es dann aber auf einmal doch wieder. Waehrend wir noch im Busbuero auf die Landkarte starrten und ueber Alternativrouten nachgruebelten wurden ploetzlich wieder Tickets verkauft. Die Abfahrt des fertig beladenen Busses hat sich dann zwar auch nochmal um drei Stunden verzoegert (anscheinend wurde die Blockade dann doch erst abends aufgehoben), aber was soll’s.

Bus fahren ist hier etwas ganz anderes als in Argentinien, den von dort gewoehnten Komfort findet man hier nicht. Die Busse sind alt und klapprig, das Gepaeck wird auf dem Dach verstaut, und die Beinfreiehit (gut, ich bin auch ausserordentlich viel groesser als der Durchschnittliche Suedamerikaner) ist so bemessen, dass ich immerhin auf meinem Sitz Platz fand – 5cm weniger und ich haette mich beim besten Willen einfach nicht hinsetzten koennen. Aber ich will mich gar nicht beschweren, immerhin gab es neben den rund 30 sitzenden Passagieren auch noch knapp 10, welche die siebenstuendige Fahrt im Stehen verbracht haben – der Bus war ordentlich vollgestopft.

Bis incl. Potosi war es in Bolivien uebrigens aufgrund der Hoehe immer richtig kalt. Tagsueber in der Sonne (der Winter ist hier Trockenzeit und Wolken sind die Ausnahme) ging’s meistens halbwegs, aber sobald die Sonne weg ist, schnellt das Thermometer nur so unter die Null Grad. Da hier sowohl Gebaeudeisolierung als auch Heizungen weitgehend unbekannt sind, wird es auch in den Zimmern (sei es das Uebernachtungszimmer im Hostel oder ein Restaurant) ordentlich kalt und “has warm rooms” wird der entscheidende Satz im Reisefuehrer, wenn es an die Suche nach einer Unterkunft geht.

Potosi ist eine Minenstadt. Die Stadt selbst ist uebrraschend schoen, mit vielen Gebauden aus der Kolonialzeit. Am suedlichen Rand liegt der Berg Cerro Rico. Im 16. Jahrhundert war ein Lamahirte auf der Suche nach einem verlorengegangenem Lama auf dem Berg unterwegs… als es Nacht wurde entschloss er sich, eine Feuer zu entzuenden und wunderte sich nicht schlecht, als dann aus der Feuerstelle etwas heraus floss – das war geschmolzenes Silber. Der Silbereichtum des cerro Rico wurde im folgenden von den Spaniern gandenlos ausgenutzt, Potosi gilt als die wichtigste Einahmequelle Spaniens zur Kolonialzeit. “Gnadenlos” aber vor allem, da die Spanier grosse Teile der Suedamerikanischen Bevoelkerung zur Arbeit unter schrecklichen Bedingungen in den Minen zwang. Es wird geschaetzt, dass in rund 400 Jahren Kolonialzeit etwa 9 Millionen Menschen durch den Silberabbau umgekommen sind – das sind etwa 60 pro Tag.

Auch heute noch wird im Cerro Rico Bergbau betrieben, vor allem in genossenschaftlichen Minen, in denen die Minenarbeiter im Wesentlichen fuer den eigenen (wenn auch schmalen) Profit arbeiten. Der Berg ist inzwischen loechrig wie ein sprichwoertlicher schweizer Kaese und die wesentlichen Erzvorkommen sind erschoepft. Neben den letzten Resten Silber werden inzwischen auch Zink, Blei und andere Elemente abgebaut, aber wie gesagt, viel kommt dabei nicht mehr rum.

Die Arbeitsbedingungen sind leider immer noch eine Katastrophe. 80% der Minenarbeiter erkranken an Silikose und durchgehende Arbeit in den Minen beschert eine Lebenserwartung von 15 Jahren. Vieles in den Minen ist noch Handarbeit und Gesundheitsvorsorge eher unbekannt. Und wie ueblich bleibt der meiste Profit bei den auslaendischen Zwischenhaendlern haengen, waehrend die Leute, die die Drecksarbeit machen, nicht allzu viel abbekommen.

Fuer bolivianische Verhaeltnisse allerdings verdienen die Minenarbeiter allerdings noch verhaeltnismaessig gut, ein Grund, warum nach wie vor so viele Menschen in den Minen von Potosi arbeiten. Zum Beispiel haben wir mit zwei Jungs gesprochen, die 70 Bs (Bs=Boliviano, 10Bs sind etwa 1 Euro) pro Tag verdienen. Zum Vergleich: Der Fahrer unserer Jeeptour zum Salar de Uyuni verdient 800Bs im Monat.

800Bs=80Euro pro Monat klingt erst mal wahnsinnig wenig. Natuerlich ist hier aber auch fast alles billiger als bei uns. Ein Essen im Restaurant kostet 30-40Bs, auf dem Markt gibt’s ein Tellergericht (Fleisch, Reis, Gemuese, Salat) fuer 8-10Bs, ohne Fleisch oder eine Suppe fuer 3-6Bs. Fuer einen europaeischen Touristen ist der Wechselkurs also ein Traum. Abgesehen von den verhaeltnismaessig teuren Touren waere es hier kein Problem, das Budget nachhaltig zu schonen. Aber selbst unter Beruecksichtigung der Lebenshaltungskosten verdienen die Leute hier nicht viel. Ich habe gehoert, dass 65% unter der Armutsgrenze leben. Allgemein ist Bolivien ein armes Land. Man kann sich das ja mal vor Augen halten: Unser Fahrer verdient 800/10=80 einfache Mittagessen. Bei uns bekommt man ein Mittagsgericht auch schon fuer 5 Euro, der entsprechende Lohn waere also 5*80=400 Euro. Pro Monat. Wie gesagt, das ist nicht viel.