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Alles ist relativ… / Fiesta Virgen de Carmen in Pizac

Tuesday, July 15th, 2008

Ersatunlich, wie schnell man sich an andere Preise gewoehnt. Ich war gerade fast empoert, als ich fuer ein Glas frisch gepressten Orangensaft knapp 40 Cent bezahlt habe. In Bolivien hat der nur 25 Cent gekostet. Ist fuer europaische Verhaeltnisse so oder so nicht viel Geld, aber die prozentuale Preiserhoehung, mit der ich durch blossen Grenzuebertritt nach Peru konfrontiert wurde, hat es in sich.

Letzte Nacht bin ich mit einem relativ bequemen Bus von Puno nach Cusco und heute frueh mit einem gewoehnlichen lokalen Bus weiter nach Pizac gefahren. Eigentlichen wollte ich mir nur die Inkaruinen anschauen (was ich auch schon gemacht habe) und dann weiterfahren. Aber heute beginnt hier die viertaetige Fiesta zu Ehren der Virgen de Carmen, da habe ich mich spontan entschlossen, eine Nacht zu bleiben. Heute frueh wurde die Heiligenstatue schon in einer Prozession aus der Stadt gebracht und es sind ueberall in der Stradt immer wieder mal Musikgruppen zu hoeren. Nachher wird die Statue wieder zurueck in die Stadt gebracht, dann geht die Fiesta richtig los. Ich habe schon etwas von Reitern auf dem Stadtplatz, Tanz, kostenlosem Essen und Cervesa gehoert…. klingt gut soweit! :-)

Uyuni -> Potosi – Kaelte, Blockaden, Minen, Bolivianos

Friday, June 20th, 2008

Nachdem ich gestern mal wieder ein paar Bilder hochgeladen habe (ein langsamer, qualvoller Prozess!), heute ein schriftliches Update.

Von Uyuni aus bin ich nach Potosi (eigentlich mit Akzent auf dem i) gefahren. Die Busfahrt hatte sich um einen Tag verzoegert, da die Minenarbeiter aus Potosi die Strassen nach Potosi blockiert hatten (Strassenblockaden sind hier in Suedamerika wohl sowas wie ein Volkssport). Am Freitag, dem 13.06., ging es dann aber auf einmal doch wieder. Waehrend wir noch im Busbuero auf die Landkarte starrten und ueber Alternativrouten nachgruebelten wurden ploetzlich wieder Tickets verkauft. Die Abfahrt des fertig beladenen Busses hat sich dann zwar auch nochmal um drei Stunden verzoegert (anscheinend wurde die Blockade dann doch erst abends aufgehoben), aber was soll’s.

Bus fahren ist hier etwas ganz anderes als in Argentinien, den von dort gewoehnten Komfort findet man hier nicht. Die Busse sind alt und klapprig, das Gepaeck wird auf dem Dach verstaut, und die Beinfreiehit (gut, ich bin auch ausserordentlich viel groesser als der Durchschnittliche Suedamerikaner) ist so bemessen, dass ich immerhin auf meinem Sitz Platz fand – 5cm weniger und ich haette mich beim besten Willen einfach nicht hinsetzten koennen. Aber ich will mich gar nicht beschweren, immerhin gab es neben den rund 30 sitzenden Passagieren auch noch knapp 10, welche die siebenstuendige Fahrt im Stehen verbracht haben – der Bus war ordentlich vollgestopft.

Bis incl. Potosi war es in Bolivien uebrigens aufgrund der Hoehe immer richtig kalt. Tagsueber in der Sonne (der Winter ist hier Trockenzeit und Wolken sind die Ausnahme) ging’s meistens halbwegs, aber sobald die Sonne weg ist, schnellt das Thermometer nur so unter die Null Grad. Da hier sowohl Gebaeudeisolierung als auch Heizungen weitgehend unbekannt sind, wird es auch in den Zimmern (sei es das Uebernachtungszimmer im Hostel oder ein Restaurant) ordentlich kalt und “has warm rooms” wird der entscheidende Satz im Reisefuehrer, wenn es an die Suche nach einer Unterkunft geht.

Potosi ist eine Minenstadt. Die Stadt selbst ist uebrraschend schoen, mit vielen Gebauden aus der Kolonialzeit. Am suedlichen Rand liegt der Berg Cerro Rico. Im 16. Jahrhundert war ein Lamahirte auf der Suche nach einem verlorengegangenem Lama auf dem Berg unterwegs… als es Nacht wurde entschloss er sich, eine Feuer zu entzuenden und wunderte sich nicht schlecht, als dann aus der Feuerstelle etwas heraus floss – das war geschmolzenes Silber. Der Silbereichtum des cerro Rico wurde im folgenden von den Spaniern gandenlos ausgenutzt, Potosi gilt als die wichtigste Einahmequelle Spaniens zur Kolonialzeit. “Gnadenlos” aber vor allem, da die Spanier grosse Teile der Suedamerikanischen Bevoelkerung zur Arbeit unter schrecklichen Bedingungen in den Minen zwang. Es wird geschaetzt, dass in rund 400 Jahren Kolonialzeit etwa 9 Millionen Menschen durch den Silberabbau umgekommen sind – das sind etwa 60 pro Tag.

Auch heute noch wird im Cerro Rico Bergbau betrieben, vor allem in genossenschaftlichen Minen, in denen die Minenarbeiter im Wesentlichen fuer den eigenen (wenn auch schmalen) Profit arbeiten. Der Berg ist inzwischen loechrig wie ein sprichwoertlicher schweizer Kaese und die wesentlichen Erzvorkommen sind erschoepft. Neben den letzten Resten Silber werden inzwischen auch Zink, Blei und andere Elemente abgebaut, aber wie gesagt, viel kommt dabei nicht mehr rum.

Die Arbeitsbedingungen sind leider immer noch eine Katastrophe. 80% der Minenarbeiter erkranken an Silikose und durchgehende Arbeit in den Minen beschert eine Lebenserwartung von 15 Jahren. Vieles in den Minen ist noch Handarbeit und Gesundheitsvorsorge eher unbekannt. Und wie ueblich bleibt der meiste Profit bei den auslaendischen Zwischenhaendlern haengen, waehrend die Leute, die die Drecksarbeit machen, nicht allzu viel abbekommen.

Fuer bolivianische Verhaeltnisse allerdings verdienen die Minenarbeiter allerdings noch verhaeltnismaessig gut, ein Grund, warum nach wie vor so viele Menschen in den Minen von Potosi arbeiten. Zum Beispiel haben wir mit zwei Jungs gesprochen, die 70 Bs (Bs=Boliviano, 10Bs sind etwa 1 Euro) pro Tag verdienen. Zum Vergleich: Der Fahrer unserer Jeeptour zum Salar de Uyuni verdient 800Bs im Monat.

800Bs=80Euro pro Monat klingt erst mal wahnsinnig wenig. Natuerlich ist hier aber auch fast alles billiger als bei uns. Ein Essen im Restaurant kostet 30-40Bs, auf dem Markt gibt’s ein Tellergericht (Fleisch, Reis, Gemuese, Salat) fuer 8-10Bs, ohne Fleisch oder eine Suppe fuer 3-6Bs. Fuer einen europaeischen Touristen ist der Wechselkurs also ein Traum. Abgesehen von den verhaeltnismaessig teuren Touren waere es hier kein Problem, das Budget nachhaltig zu schonen. Aber selbst unter Beruecksichtigung der Lebenshaltungskosten verdienen die Leute hier nicht viel. Ich habe gehoert, dass 65% unter der Armutsgrenze leben. Allgemein ist Bolivien ein armes Land. Man kann sich das ja mal vor Augen halten: Unser Fahrer verdient 800/10=80 einfache Mittagessen. Bei uns bekommt man ein Mittagsgericht auch schon fuer 5 Euro, der entsprechende Lohn waere also 5*80=400 Euro. Pro Monat. Wie gesagt, das ist nicht viel.