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Flüssigkeiten an Bord: Security Theater

Sebastians Beitrag und die folgende Diskussion über die neuen Bestimmungen zur Mitnahme von Flüssigkeiten an Bord von Flugzeugen haben mich zum weiteren Nachdenken angeregt. Details zur neuen Regelung gibt es bei ADV oder ausführlicher bei bei Fraport:

Im Handgepäck dürfen nur noch Flüssigkeiten in Behältnissen mitgeführt werden, die maximal 100 ml fassen (es gilt die aufgedruckte Höchstfüllmenge).
Die Behältnisse müssen vollständig in einem transparenten, wiederverschließbaren 1 Liter-Plastikbeutel transportiert werden.

Soweit die Grundlagen, wichtig ist: Es gilt die aufgedruckte Höchstmenge.
(Siehe dazu auch Scott Adams’ Erlebnisse.)

Die 125ml-Zahnpastatube, die nur noch zu 100ml gefüllt ist, kann also nicht mit an Bord (zu gefährlich!). Demenstprechend dürfte sicher auch keine frisch (vor der Sicherheitskontrolle) ausgetrunkene 200ml-Orangensaftflasche mit. Da sind zwar nur noch wenige Tropfen Orangensaft/Flüssigsprengstoff drin, aber die Flasche fasst ja 200ml. Wie ist es mit einer völlig leeren, staubtrockenen 200ml-Flasche? Geht sicher auch nicht, wegen der aufgedruckten Höchstmenge. (Vielleicht, wenn man den Aufdruck abrubbelt…?)

Aber nein, die Regelung ergibt ja sicher auch Sinn: Nicht nur auch sondern ganz besonders in eine leere 200ml-Flasche könnte man ja… äh, ja, was eigentlich? Nach der Sicherheitskontrolle noch Flüssigsprengstoff füllen? Ja genau, und den hätte man vermutlich von einem unzuverlässigen Duty-Free-Mitarbeiter in den Sicherheitsbereich eingeschmuggelt bekommen. (Nicht, dass der den Flüssigsprengstoff dann auch in eine Duty-Free-1l-Flasche hätte packen können – und die darf mit an Bord!)

Irritierend ist also auch, dass es darum geht, nur eine Höchtsmenge an Flüssigkeiten mit an Bord nehmen zu dürfen, dies aber über die Höchstfassungsmengen der Flüssigkeitsbehälter geregelt wird. Denn jetzt kommt die Preisfrage:

Wie ist das mit einer mit Broten gefüllten Frühstücksdose? Am besten eine richtig große, gut verschließbare (aus der unter uns gesagt auch keine Flüssigkeit auslaufen würde)? Die darf doch mit an Bord? Essen darf man ja im Gegensatz zu Getränken noch mitnehmen. Ja? Aha, alles klar. Wenn von so einer Brotdose nicht die gleiche Gefahr ausgeht, wie von einer leeren Wasserflasche, dann weiß ich auch nicht.

Das stinkt doch alles nach Security Theater!

10 Responses to “Flüssigkeiten an Bord: Security Theater”

  1. st
    November 15th, 2006 08:55
    1

    Also soweit ich weiß ist Flüssigkeit extrem weit gefasst. Angeblich fallen sogar Lippenstifte darunter. Demnach könnte ich mir vorstellen, dass auch Essen von ehrgeizigen Sicherheitsleuten moniert wird.
    Ich glaube auch, irgendetwas aus dem Beutel herauszunehmen ist eigentlich nicht erlaubt (Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass man dich deswegen rauswerfen würde).

  2. Torsten
    November 15th, 2006 09:32
    2

    Ob den “Sicherheitsleuten” *höhnisches Gelächter* an den Terminals klar ist das der Mensch als solches fast nur aus Flüssigkeit besteht und dass – Gipfel des Sicherheitsrisikos – keine Höchstmege auf der Blase aufgedruckt ist? Wahrscheinlich müssen wir demnächst besonders letzteres nachholen. Könnte ich ja noch mit leben, aber wenn sie mir die auf 100ml begrenzen wollen, dann sehen wir uns auf den Barrikaden.

  3. felix
    November 15th, 2006 12:54
    3

    @st: Essen gehört offensichtlich zu dem was sich die ehrgeizigen Sicherheitsleute zweimal anschauen. Am Sonntag stand ich an der zweiten Sicherheitskontrolle hinter einem total harmlos aussehenden Mädel, das versucht hat ein Stück Käse durchzuschleusen. Wer seinen Asterix gelesen hat, weiß, dass man mit korsischem Käse Schiffe in die Luft sprengen kann.

    Andererseits ist es sehr ärgerlich, wie ernst die Deutschen das alles nehmen. Man wird doch tatsächlich jedesmal gewissenhaft nach Waffen abgetastet. Das machen nicht mal die Engländer. Aber ernsthaft Sinn hat das alles nicht. Ich finde die Sicherheitsfanatiker sollten mal über das Bayestheorem nachdenken und zukünftig nur noch nahöstlich aussehende Vollbartträger schickanieren, damit wird dann auch klar, wes Geistes Kind dieses Theater ist.

  4. Arne
    November 15th, 2006 15:47
    4

    Sebastian schrieb:

    Ich glaube auch, irgendetwas aus dem Beutel herauszunehmen ist eigentlich nicht erlaubt (Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass man dich deswegen rauswerfen würde).

    Rauswerfen.. aus dem Flugzeug? Nee, hoffentlich nicht.

    Habe jetzt mal nachgefragt. Den Beutel darf man unterwegs schon aufmachen und die Flüssigkeiten verwenden.

  5. Torsten
    November 16th, 2006 15:14
    5

    @Felix: Das mit dem korsischen Käse ist soweit nicht hergeholt. Explodieren tut der zwar nicht (oder Arne? Oder??) aber nach einem Bissen in die damit bestrichene Brotscheibe hab ich selbige so weit wie möglich an den Rand des Tellers gelegt und das Messer als biologisch verseucht entsorgt.
    Das Zeug an Bord eines Flugzeuges…lieber nicht.

    @Arne: Der Gipfel der Lächerlichkeit wäre erreicht, wenn die Entnahmemenge von der Stewardess gegengezeichnet werden müsste…

    Wer übringens auf Risiko steht: Lauter (so 50 Stücker) 100ml-Behälter (aufgedruckte Mengenangabe, duchsichtig) mit Flüssigkeit füllen (gefärbtes Wasser, am besten rosa, wie in Die Hard 3), jeweils in Plastikbeutel (duchsichtig, 1 Liter Fassungsvermögen) verpackt, nehmen und gürtelartig um den Bauch schnallen. Und damit zur Kontrolle…

  6. Arne
    November 17th, 2006 01:13
    6

    @Torsten: Das möchte ich sehen! (Aber nicht an einem Tag, an dem ich fliegen will, wenn jemand so am Flughafen ankommt, werden bestimmt sicherheitshalber erstmal alle Flüge gestrichen.)
    Aber durch die Sicherheitskontrolle kämst Du damit so oder so nicht…. nur ein Kreuz, äh, nur ein Beutel pro Person!

  7. Torsten
    November 17th, 2006 16:31
    7

    @Arne: Nee, soo wahnsinnig bin dann doch nicht.

    Aber solche Materialschlachten sind ja auch völlig überflüssig, wenn man ein bisschen terrisieren will. Handy plus kehliger Akzent genügt. Ist doch lustig: Durch all die Un-Sicheitsmassnahmen sind die Mittel, die man braucht, um Panik zu verbreiten (oder zumindest den Betrieb zum völligen Erliegen zu bringen) immer einfacher geworden. Irgendwann weiss man nicht mehr wer einen mehr terrisiert: Die Fuzzis mit den wilden Bärten und dem noch wilderen Blick oder die glattrasierten Zombies hinter den Schranken…

  8. Random Thoughts » Blog Archive » Cover my ass
    September 5th, 2007 18:37
    8

    […] von Flüssigkeiten an Bord von Flugzeugen für Unfug halte, habe ich in einem älteren Beitrag bereits dargelegt. Das Europaparlament sieht das wohl ähnlich, zumindest ist es vernünftig genug, […]

  9. Thomas
    October 3rd, 2007 19:30
    9

    Das mit den Lebensmitteln habe ich gerade am letzten Sonntag am Flughafen von Beauvais in der Nähe von Paris erlebt: Ich habe einen 1kg schweren Briekäse mitnehmen wollen, den man mir dann auch prompt mit dem Hinweis abgenommen hat, dieser sei ja “pastös” und dürfe daher nicht mit an Bord. Wir haben dann an Ort und Stelle soviel von dem Käse gegessen, wie wir konnten und mussten dann den Rest dort entsorgen. So was lächerliches hab ich jedenfalls noch nicht erlebt… Oder hat von Euch schon mal jemand von einer gemeingefährlichen “Brie-Bombe” gehört???

    Grüße aus Bremen,
    Thomas

  10. Arne
    October 4th, 2007 09:09
    10

    Naja, solange es kein korsischer Brie war (siehe Asterix)… ;-)

    Ich finde, da sieht man mal wieder, wie wenig sinnvoll die Regelung ist. Ein Hartkäselaib wäre, da nicht “pastös”, durchgegangen? Aber der ist doch bestimmt auch nicht besser zu durchleuchten als ein Weichkäse?

    So oder so, schade jedenfalls um den leckeren Käse…