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Das große Problem (Atheismus III)

Dieser Eintrag ist die direkte Fortsetzung eines Gedankens aus Atheismus II und greift auf die Begriffsklärung aus Atheismus I zurück. Wer diese Einträge noch nicht gelesen hat, sollte das zunächst nachholen, da ansonsten der aktuelle Eintrag unverständlich bleiben wird!

Der Theist unterstellt dem Atheisten eine religionsäquivalente Gläubigkeit, die der Atheist weit von sich weist.

Versteht und akzeptiert der Theist den Standpunkt des Atheisten nicht und postuliert weiterhin, dass der Atheist doch auch im Sinne 2 glaubt, also auch gläubig ist, so bestehen gute Chancen, dass sich der Atheist furchtbar aufregen wird. Immerhin wird dem Atheisten dann etwas unterstellt, das für ihn nicht zutrifft. Das große Problem daran wird vielleicht in einer Analogie deutlicher:

Kinogänger: “Du gehst auch oft ins Kino.”

Noch-nie-im-Kino-Gewesener: “Das stimmt nicht, ich war noch nie im Kino.”

Kinogänger. “Doch, doch, Du gehst auch oft ins Kino. – Hey, Leute, hört mal alle her: Der Typ hier geht ständig ins Kino!”

[Update, 15.03.2007, zur Verdeutlichung:] Der Kinogänger unterstellt dem Nichtkinogänger also vehement, er würde auch ins Kino gehen (so wie der Theist dem Atheisten unterstellt, er würde auch im Sinne 2 glauben) , obwohl das gar nicht stimmt. Ob der Absurdität und der Belanglosigkeit wird der noch-nie-im-Kino-Gewesene hier einfach nicht weiter darauf eingehen – aber wäre es um etwas wichtigeres gegangen, wäre er bei fortgesetzter Unterstellung vielleicht in einen gerechten Zorn verfallen.

Mir erscheint es als grobe Missachtung der Person des Atheisten, wenn der Theist darauf beharrt, dass der Atheist gläubig ist, also etwas im Sinne 2 glaubt.

Interessanterweise gibt es andersrum diese Probleme nicht:
Theist und Atheist sind sich darin einig, dass der Theist im Sinne 2 an Gott glaubt, also Gottes Existenz für wahr annimt, ohne dass es eines Beweises bedarf (dazu vielleicht später mehr).
Der Atheist spricht dem Theisten also nicht ab, im Sinne 2 zu glauben, er spricht dem Theisten nicht seine Gläubigkeit ab. Aber der Theist spricht dem Atheisten seine Abwesenheit einer Gläubigkeit ab, indem er ihm unterstellt, im Sinne 2 zu glauben.

[Update, 15.03.2007:] Oder anders ausgedrückt: Der Theist stellt nicht die Weltanschuung des Atheisten in Frage (was ja völlig in Ordnung wäre, und was der Atheist im Gegenzug ja auch macht), sondern er stellt in Frage, dass der Atheist diese Weltanschauung überhaupt hat. Und das ist das Problem. Die Entsprechung wäre, wenn der Atheist vehement behauptet, dass der Theist in Wirklichkeit gar nicht an Gott glaubt. Da würde sich der Theist – zu recht – auch aufregen.

62 Responses to “Das große Problem (Atheismus III)”

  1. felix
    March 13th, 2007 08:54
    1

    Das Kinogängerbeispiel ist hinkt insofern, als das Kinogehen beobachtbar ist, während der Gläubige sich ja auf der Bequemen Position verschanzt hat, dass die Existenz des Gottes an den er glaubt nicht beweisbar ist. Diese Aussage ist natürlich paradox.

    Die Position des Atheisten also durchaus kritisierungswürdig, da er sich auch dazu hinreißen lässt eine Aussage über den Wahrheitsgehalt eines paradoxen Satzes zu treffen.

  2. Yvusch
    March 13th, 2007 11:09
    2

    Also jetzt muss ich doch auchmal was schreiben. Der Unterschied zwischen dem christlichen Theist (und damit meine ich nicht den unleidenschaftlichen sonntäglichen Kirchengänger) und dem Atheisten ist, dass der christliche Theist nicht nur glaubt sondern vielmehr WEIß, dass es einen Gott gibt. Das Wort “glauben” drückt hierbei eine zu schwache Relation aus. Der Atheist hingegen meint zu WISSEN, dass es keinen Gott gibt.

  3. felix
    March 13th, 2007 13:02
    3

    @Yvusch: Arne hatte sich soviel Mühe gegeben die Bedeutungen von glauben zu definieren und jetzt kommst Du hier mit wissen.

    Und nochmal: Der Atheist und der Gläubige sitzen IMHO demselben Irrtum auf, dass sie meinen eine Aussage über den Wahrheitsgehalt eines widerspüchlichen Satzes treffen zu können.

    Die Behauptung der Gläubige wisse und der Atheist meine zu wissen ist genauso ein Unsinn wie das Gegenteil.

  4. Yvusch
    March 13th, 2007 14:10
    4

    @ felix: Ich weiß, dass mein Kommentar die Diskussion über das “Glauben” durcheinanderwirft und ich in dieser Diskussion auf Widerstand stoße. Und genau dafür gibt es diese Diskussion. Oder ist diese Diskussion nur ein Aufhänger, wer wie möglichst kompliziert und verwirrend grundlegende Begriffe und Beschreibungen darstellen kann?

    Was macht Dich so sicher, dass Deine letzte Behauptung stimmt?

  5. Ilona
    March 13th, 2007 16:34
    5

    Auch wenn das jetzt nichts direkt mit der Diskussion zu tun hat, ich habe für mich – angestoßen durch diese Diskussion – herausgefunden, dass ich eher Agnostizist, oder sogar Ignostizist, bin als Atheist!

  6. jana
    March 14th, 2007 08:37
    6

    Ein Dank an Arne, seine – wenn auch hochkomplexen – Artikel haben mir zumindest noch mal deutlich gemacht, was ich eigentlich mit “glauben” meine, wenn ich sage, “ich glaube nicht an Gott” und auf welche Diskussionsebene (nämlich auf die Andere) ich z.T. dann gezogen wurde … naja, und dass da tatsächlich, ganz banal, ein Kommunikationsproblem vorlag :-D

  7. Torsten
    March 14th, 2007 13:06
    7

    Das Problem ist meines Erachtens, dass der Theist automatisch voraussetzt, das nicht-wissen identisch ist mit glauben. Und das glauben identisch ist mit Glauben.

  8. Arne
    March 14th, 2007 23:08
    8

    @Felix:
    Die Kinogängeranalogie hinkt vielleicht kräftig, aber nicht aus dem von Dir angeführten Grund. Ich fürchte, Du hast mich diesbezüglich einfach missverstanden, ich hätte mich deutlicher Ausdrücken sollen:
    Gleichgesetzt sind mit dieser Analogie “glauben in Sinne 2” und “ins Kino gehen”. Die von Dir kritisierte Gleichsetzung “Gott existiert” mit “der andere geht auch ins Kino” habe ich gar nicht gemacht (nicht machen wollen) – sonst wäre das auch eine armselige und unsinnige Analogie. Das Problem ist also nicht, dass der Theist einen Standpunkt vertritt, den der Atheist für nicht richtig annimmt, sondern dass der Theist dem Atheisten etwas unterstellt, das nicht zutrifft.

  9. Arne
    March 14th, 2007 23:16
    9

    @Yvusch:
    Ich glaube, Du hast den zu Grunde liegenden Eintrag Atheismus I nicht gelesen, auf den ich zu Beginn extra verwiesen habe.
    Oder, um das gleich klarzustellen: Ich nehme an, ich vermute, ich habe bodenständigen Grund zu der Annahme, Du hast Atheismus I nicht gelesen. Aber ich meine es nicht zu wissen!

  10. Arne
    March 14th, 2007 23:27
    10

    @Yvusch, zum Zweiten:

    Ich weiß, dass mein Kommentar die Diskussion über das “Glauben” durcheinanderwirft

    (Deswegen hatte ich ja extra zunächst nur und in einem eigenem Beitrag versucht, die Begriffsdefinition “glauben” zu führen…)

    und ich in dieser Diskussion auf Widerstand stoße. Und genau dafür gibt es diese Diskussion.

    Richtig, wenn es hier keine Diskusssion hätte geben sollen, hätte ich nämlich auch einfach die Kommentarfunktion deaktivieren können! ;-)

    Oder ist diese Diskussion nur ein Aufhänger, wer wie möglichst kompliziert und verwirrend grundlegende Begriffe und Beschreibungen darstellen kann?

    Das sicher nicht. Und ich hoffe inständig, meine Begriffsdefinition in Atheismus I war nicht kompliziert und verwirrend.

    Aber jetzt zurück zum Inhalt:

    Theist nicht nur glaubt sondern vielmehr WEIß, dass es einen Gott gibt

    Ich denke, da sind wir uns einig. Der Theist “glaubt” im Sinne 2. Einverstanden?

    Der Atheist hingegen meint zu WISSEN, dass es keinen Gott gibt.

    Nein, eben nicht! “Wissen” ist hier erst mal völlig fehl am Platz. In anderen Worten unterstellst Du doch dem Atheisten schon wieder, im Sinne 2 zu glauben, Gott existiert nicht.

    Aber von vorne: Der Atheist glaubt nicht im Sinne 2 an Gott, d.h. dieses “über glauben hinausgehende Wissen” ist bei ihm im Gegensatz zum Theisten nicht vorhanden, er ist nicht gläubig im Sinne 2. Soweit noch einig?

    Eben diese Abwesenheit von glauben im Sinne 2 zeichnet den Atheisten aus.

    Jemand, der meint, es sei bewiesen, dass es keinen Gott gibt, jemand, der über “aus bodenständigen Gründen annehmend” hinaus ganz, ganz sicher “weiß”, dass es keinen Gott gibt, der sogar ohne bodenständige Gründe weiß, dass es keinen Gott gibt, ist letztendlich genauso gläubig wie der Theist, er glaubt auch im Sinne 2 an etwas, nur an was anderes. Der Theist glaubt im Sinne 2 an die Existenz Gottes, der andere jemand glaubt im Sinne 2 an die Nichtexistenz Gottes. Aber dieser andere jemand wäre dann nicht das, was ich hier einen Atheisten bezeichnet hatte – zumindest könnte er sich dann kaum über Deinen oben abgegebenen Kommentar beschweren.

    Der von mir mühsam eingeführte Atheist kann und wird das aber schon! Er “meint nämlich nicht zu wissen”, dass es keinen Gott gibt… er nimmt das an. Er wird das sogar sehr, sehr stark annehmen, ganz dringlich vermuten, und selbst wenn er sich da sehr, sehr sicher ist – dass heißt alles nicht, dass er glaubt im Sinne 2. Ich versuche es mit Beispielen klarzumachen – so könnte der Atheist zum Beispiel sagen:

    “Ich nehme an, wenn ich meine Tastatur hochhebe und wieder loslasse, wird sie wieder runterfallen” Damit ist er sich sehr, sehr sicher. Aber ist er deshalb in einem religiösen Sinne gläubig? Nein, natürlich nicht!

    “Ich glaube nicht, dass es unsichtbare Einhörner gibt.” Da ist er sich schon wieder sehr, sehr sicher! Aber meinst Du, er glaubt das im Sinne 2? Oder vielleicht doch eher im Sinne 1?

    “Ich nehme nicht an, dass es einen Gott gibt.” Auch da ist er sich sehr, sehr sicher. Und das soll jetzt glauben im Sinne 2 sein? Einem Theisten, der das unterstellt, müsste der Atheist mindestens Arroganz unterstellen…

  11. Arne
    March 14th, 2007 23:39
    11

    @Torsten:
    Darf ich Deine Aussage mit “meinen” Begriffsdefinitionen “annotieren” (um sicher zu gehen, dass wir uns nicht missverstehen)?

    Das Problem ist meines Erachtens, dass der Theist automatisch voraussetzt, das nicht-wissen identisch ist mit glauben [im Sinne 1]. Und das glauben identisch ist mit Glauben [glauben im Sinne 2].

    Richtig, das Problem seh ich auch.

  12. Arne
    March 14th, 2007 23:43
    12

    @Ilona und Jana: Na dann hat das alles hier ja zumindest schon mal etwas gebracht. :-)

  13. Arne
    March 15th, 2007 00:43
    13

    @Felix (den alten Agnostiker), die Zweite:

    Der Atheist und der Gläubige sitzen IMHO demselben Irrtum auf, dass sie meinen eine Aussage über den Wahrheitsgehalt eines widerspüchlichen Satzes treffen zu können.

    Hmm…
    Welchen Satz meinst Du damit, und was ist das Widersprüchliche an ihm, dass eine Aussage darüber umöglich macht?

  14. Arne
    March 15th, 2007 11:44
    14

    Zur Beachtung: Ich habe noch zwei klärende Ergänzungen in den ursprünglichen Eintrag eingefügt.

  15. Torsten
    March 15th, 2007 13:18
    15

    @Arne: Annotationen passen.

  16. Tobias
    April 5th, 2008 22:33
    16

    Bin gerade auf den Blog gestoßen und finde das Thema interessant. Ist die Disskussion noch offen?

  17. Arne
    April 6th, 2008 22:04
    17

    Hallo Tobias, willkommen auf meinem Blog. :-) Die erste lebhafte Diskussion zum Thema ist zwar schon ein paar Monate her, aber klar, die Diskusssion ist immer noch offen. Ich freue mich auf Deinen Kommentar!

  18. Tobias
    April 7th, 2008 21:24
    18

    Na gut, dann hätte ich eine Frage: Kann es sein, das ein Theist “bodenständige Gründe” für seine Ãœberzeugung hat?

  19. Arne
    April 15th, 2008 20:54
    19

    Eine schöne Frage, die zwar am eigentlichen Gegenstand der Einträge Atheismus I-III vorbeigeht, sich aber unter gewissen Umständen trotzdem dermaßen aufdrängt, dass ich mich schon gewundert habe, warum sie noch keiner gestellt hat.

    Sicherlich kann es sein, dass der Theist nicht ausschließlich in Sinne 2 glaubt, dass es einen Gott gibt, sondern dass er es auch im Sinne 1 glaubt – er geht also aus gewissen bodenständigen Gründen davon aus, dass es einen Gott gibt. Das eine hat aber mit dem anderen nicht viel zu tun – wie ich in Atheismus I dargelegt habe, ist es meines Erachtens wichtig, glauben (1) und glauben (2) auseinanderzuhalten. Natürlich kann der Atheist sagen “ich glaube (1), es gibt einen Gott”, so wie er sagen kann “ich glaube (1), es ist noch Bier im Kühlschrank”.

    Dementsprechend könnte man dann natürlich diese Annahme “ich glaube (1), es gibt einen Gott” im Ansatz auch genauso diskutieren, wie die Annahme “ich glaube (1), es ist noch Bier im Kühlschrank”. (Wobei letztere Annahme ziemlich schnell ausdiskutiert sein kann, wenn man sich denn mal die Mühe macht, zum Kühlschrank zu gehen und nachzuschauen.) Das Schöne an der Aussage des Theisten “ich glaube (1), es gibt einen Gott” ist sogar, dass der Atheist diese unbesorgt diskutieren und einschätzen kann, ohne Angst haben zu müssen, beim Theisten religiöse Gefühle zu verletzen.

    Nun möchte ich es aus Zeitgründen vermeiden, mich an dieser Stelle auf eine ausgewachsene apologetische Diskussion einzulassen. Und ich glaube (1), letztendlich zielt Deine Frage, Tobias, darauf ab. Daher belasse ich meine Antwort hierbei und verkneife mir einen Ausblick darauf, wie der Atheist die Annahme “ich glaube (1), es gibt einen Gott” des Theisten wohl einschätzen würde – auch wenn es mir schwerfällt.

  20. Tobias
    April 27th, 2008 23:11
    20

    Hallo Arne, danke für deine ausführliche Antwort. Kannst Du vielleicht nochmal erklären, was Du in der Definition glauben (2) mit “beweisen” “beweisbar””Beweis” meinst. Meinst Du einen Beweis im naturwissenschaftlichen Sinne (ein Experiment)? Hypothesen können ja auch nur widerlegt, aber nicht als letztendlich wahr erklärt werden. Bis jetzt habe ich jedenfalls noch nicht verstanden, wann man im Sinne von (2) glauben würde.

  21. Arne
    May 1st, 2008 12:51
    21

    Hypothesen können ja auch nur widerlegt, aber nicht als letztendlich wahr erklärt werden.

    Das ist m.E. in dieser Allgemeinheit nicht richtig.
    Hypothese: “Ich habe noch Bier im Kühlschrank (Obwohl ich neulich eine Party hier hatte!)” Ich gehe jetzt mal kurz in die Küche… so, bin wieder da. Meine Hypothese ist wahr, ich habe noch Bier im Kühlschrank, hab’s eben nachgeschaut. Lassen wir mal so Scherze wie Solipsismus außen vor können wir uns also sicher darauf einigen, dass es durchaus Hypothesen gibt, die für alle praktischen Belange des normalen Sprach- und Lebensgebrauchs “als letzendlich wahr erklärt werden” können.

    Was man in der Regel nur Widerlegen, aber nicht beweisen kann, sind Nichtexistenz-Hypothesen. Behaupte ich zum Beispiel, dass ich zwar kein normales, aber noch unsichtbares Bier im Kühlschrank habe und Du stellst die Hypothese auf “Arne hat kein unsichtbares Bier im Kühlschrank” wirst Du es schon deutlich schwerer haben.

    …was Du in der Definition glauben (2) mit “beweisen” “beweisbar””Beweis” meinst. Meinst Du einen Beweis im naturwissenschaftlichen Sinne (ein Experiment)?

    Da ich mit meinem Beitrag ja kommunizieren wollte, habe ich “Beweis” und die abgeleiteten Worte hoffentlich einfach in ihrem üblichen Sinn verwendet. Insofern könnte ich als Antwort auf Deine Frage einfach mit verschiedenen Links um mich werfen, die die Wortbedeutung erklären. (Selbst glauben(1) und glauben(2) habe ich mir ja nicht ausgedacht, sondern nur noch mal versucht, den Sachverhalt klar darzulegen, siehe der schon in Atheismus I verlinkte Wörterbucheintrag.)

    Wie dem auch sei, was ich in der Definition von glauben(2) mit dem Kontrast zwischen “etwas für wahr halten” und “nicht beweisbar” ausdrücken wollte, ist dass der Gläubige(2) für sein Glauben(2) natürlich keinen Beweis braucht, mit dem er das, was er glaubt(2) (vielleicht nicht mal sich selbst, schon gar nicht aber) anderen nachvollziehbar bestätigen kann. Das ist ja gerade der Witz an glauben(2).

    Bis jetzt habe ich jedenfalls noch nicht verstanden, wann man im Sinne von (2) glauben würde.

    Die Frage sollte man zwar vielleicht besser jemanden stellen, der auch wirklich etwas glaubt(2). Aber gut, nehmen wir an, ich würde für wahr erachten, dass ich unsichtbares Bier im Kühlschrank habe. Das wäre wohl ein Fall von Glauben(2). Natürlich könnte ich jetzt kommen und sagen “Ich weiß, dass ich unsichtbares Bier im Kühlschrank habe, und dieses Wissen ist mein Beweis, dass es so ist.” Dann habe ich zwar auch einen “Beweis” für mein Glauben(2), aber trotzdem glaube ich im Sinne (2), und habe letztendlich einfach nur das Wort Beweis (siehe die Links oben) zweckentfremdet verwendet.

  22. Sandra
    May 1st, 2008 19:39
    22

    Ich glaube an eine allmächtige Kraft, aber ich vertraue nicht darauf.

    Bin ich nun gläubig, oder nicht?

  23. Arne
    May 2nd, 2008 10:00
    23

    Sandra: gläubig(1) oder gläubig(2)?
    Aber die Frage wirst Du außerdem besser beantworten können als wir: Diese “allmächtige Kraft”, was denkst Du darüber? Nimmst Du aus bodenständigen Gründen an, dass es sie gibt? Oder ist sie “objektiv nicht bewiesen” (beweisbar) und Du hältst sie “auf Grund innerer Ãœberzeugung für wahr”?

  24. Sandra
    May 2nd, 2008 14:56
    24

    Ich glaube daran, weil bisher niemand das Gegenteil objektiv bewiesen hat.

    Das heißt, dass weder Definiton 1 noch 2 (http://www.dwds.de/?kompakt=1&sh=1&qu=gl%C3%A4ubig) für gläubig aus dwds auf mich zutreffen. Denn ich vertraue nicht auf die “allmächtige Kraft” und religiös überzeugt bin ich auch nicht.Genauso wenig sehe ich objektive Beweise dafür oder dagegen. Ich glaube einfach. Aber sicher bin ich mir nicht.

  25. Arne
    May 2nd, 2008 19:05
    25

    Gute Sandra,

    Ich glaube daran, weil bisher niemand das Gegenteil objektiv bewiesen hat.

    wenn das Dein Maßstab ist, solltest Du aber noch an vieles, vieles anderes glauben! Unsichtbare Einhörner, Aliens, immaterielle Geisterwesen, Elfen, den Weihnachtsmann… denn man kann auch nicht endgültig 100%ig beweisen, dass es all das nicht gibt. Das heißt, mit Deiner Argumentaion kommst Du zu einem ganz schön großem Glaubenszoo.

    Und obacht mit den Definitionen von “gläubig”, gläubig(1) hat nichts mit glauben(1) zu tun.

  26. Arne
    May 2nd, 2008 19:10
    26

    Insgesamt finde ich es ja interessant, dass es hier nun zu einer Diskussion über glauben(2) gekommen ist. Immerhin war das weder Inhalt noch Intention meiner Beiträge Atheismus I-III.

    Also, was haben denn nun die eifrigen neuen Kommentatoren zum eigentlichen Inhalt des obenstehenden Eintrags zu sagen?
    Zustimmung? Zeichnet sich der Atheist durch Abwesenheit von glauben (2) aus?
    Ablehnung? Möchtet Ihr dem Atheisten doch auch lieber unterstellen, dass er das Weltbild, dass er vertritt, gar nicht hat?
    Oder ist der Beitrag einfach nicht nachzuvollziehen?

  27. Sandra
    May 3rd, 2008 20:29
    27

    1. Ja, an all die Dinge, die du oben aufgezählt hast, glaube ich auch. Abgesehen vom Weihnachtsmann, weil Coca Cola den erfunden hat.

    Ob es sie wirklich gibt? Keine Ahnung, aber wär’ doch viel interessanter, wenn doch. Warum sonst lesen so viel Erwachsenen Harry Potter (den ich übrigens zum Gähnen langweilig finde.)

    2. Und eine Antwort auf den oben stehenden Beitrag ist erwartungsgemäß schwierig, bis nicht möglich. Letztendlich kann doch nur der Atheist selbst wissen, ob sein Nichtglaube emotional oder rational getrieben ist. Oder hab’ ich da jetzt was verpeilt?

    PS. Warum sollte es keine Elfen, Geisterwesen, Dämonen etc. geben??? *kopfkratz*

  28. Arne
    May 3rd, 2008 21:27
    28

    Sandra, solange Du dem Atheisten eben das zugestehst, nämlich dass er selber weiß, dass er nicht glaubt(2), sondern glaubt(1) und das akzeptierst und ihm auch nicht was anderes unterstellst (nicht mal implizit) ist ja alles in bester Ordnung. Zumindest in dieser Hinsicht.

    Und zu 1.: Dann solltest Du aber auch an die Antielfen glauben, die vor 137 Jahren alle Elfen aufgefressen haben, so dass es keine Elfen mehr gibt. Hat ja auch noch keiner bewiesen, dass dem nicht so ist.
    Da Du aber auch daran glaubst, dass es (noch) Elfen gibt, hast Du jetzt ein kleines Problem. Zumindest aber eine ziemliche Dissonanz in dem, was Du so glaubst.

  29. Sandra
    May 3rd, 2008 23:12
    29

    Okay, stellen wir fest, ich und Atheisten haben kein Problem miteinander. Heißt aber nicht, dass der Atheist selbst trotzdem das Problem mit sich rumträgt, sich entscheiden zu müssen, ob er nun glaubt(1) oder glaubt(2). Aber das ist ja sein Problem, dass er mit Sicherheit je nach Tageslaune und Lebenserfahrung mal so(1) und mal so(2) beantwortet.

    Und zu 1: Von Antielfen hatte ich bis heute nix gewusst. Und etwas, wovon man nix weiß, daran kann man auch nicht glauben. Wirft die Frage auf, ob an etwas glauben immer auch wissen bedeutet. Schließlich gibt es auch sowas wie intuitives Wissen, oder?

    Und keine Sorgen um mich wegen einer Dissonanz. Die Welt ist niemals und nirgends vollkommen, d.h. die Antielfen haben ein paar Elfen übersehen. Oder, so kann man die Dissonanz auch lösen, dann haben die Antielfen eben die Elfen aufgefressen, aber das beweist doch nur, dass es die Elfen zumindest wirklich gegeben hat. So, where’s the problem? :o?

  30. Tobias
    May 4th, 2008 22:33
    30

    Hallo zusammen!

    Würde Euch beide gerne was fragen:

    Sandra, was meinst Du mit glauben? Vermutest Du nur, dass es Übernatürliches gibt oder hängt von deinem Glauben auch irgendetwas in deinem Leben ab?

    Arne, warum bist Du Dir sicher, dass das Bier im Kühlschrank keine Illusion ist?

  31. Arne
    May 5th, 2008 09:55
    31

    @Tobias: Wie gesagt, lassen wir doch Solipsismus und solche Spielereien mal außen vor. Und dann gibt es zwei gute, bodenständige Gründe dafür, dass das Bier keine Illusion war: 1. Ich konnte es anfassen, öffnen und trinken und mir hat’s gut geschmeckt. 2. Allen fünf gestern zum Sperrmülltragen Anwesenden haben es auch angefasst und getrunken und ihnen hat es auch gut geschmeckt. Klingt meines erachtens überzeugender und objektiver bewiesen als “es gibt Elfen” oder ähnliches.

  32. Arne
    May 5th, 2008 10:02
    32

    @Sandra:
    Nein! Um das mal in aller Deutlichkeit zu sagen.
    Du und der Atheist haben sehr wohl ein Problem miteinander (zumindest bei dieser Thematik). Da war sie doch schon wieder, die implizite Unterstellung. Hat den überhaupt jemand die Beiträge Atheismus I-III wirklich mal gelesen und nachzuvollziehen versucht?! Der Atheist zeichnet sich durch Abwesenheit von glauben(2) aus. Fertig. Man könnte sagen “Person xyz ist je nach Tageslaune mal Atheist und mal nicht”. Aber “der Atheist ist mal gläubig(2) und mal nicht” ist meines Erachtens zum einen schlicht sprachlicher Unfug und zum anderen, gar nicht so schlicht, eine eklatante Missachtung/Beleidigung des Atheisten.

  33. Sandra
    May 6th, 2008 15:56
    33

    @Tobias

    Ich vermute nicht, dass Übernatürliches existiert. Vielleicht nehme ich es noch nicht mal an, aber vorstellen kann ich mir das schon. Und sicherlich spielt diese Haltung in meinem Leben eine Rolle, schließlich treffe ich die meisten Entscheidungen intuitiv.

    @ Arne

    Ich habe die Threads über Atheismus so weit es ging durchgelesen. Und ich sehe weder die Welt noch Menschen schwarz-weiß. Kein Mensch ist vollkommen und ich bin fest davon überzeugt, dass Atheisten wie Theisten mindestens einmal in ihrem Leben daran Zweifeln, ob sie das Richtige glauben(1). Insofern empfinde ich meine vorher getroffene Aussage nicht als Unsinn – weder inhaltlich noch sprachlich.

    Was mir bei der ganzen Diskussion auffällt ist, dass alles sehr stark von einem westlichen um nicht zu sagen christlichen Weltbild geprägt ist. Ich erinnere mich gerade an meinen Professor, der mir erzählte, dass er in Nepal einen alten Mann fragte: “Are you a Hindu or a Buddhist.” Die Antwort des alten Mannes lautete: “Yes.”

    Diese kleine Anekdote veranschaulicht meine persönliche Haltung eigentlich am besten.

  34. Tobias
    May 9th, 2008 01:05
    34

    Hallo Arne, warum lassen wir Solipsismus außen vor? Warum gehst Du davon aus, dass du das Bier objektiv d.h. als unabhängiger Betrachter von außen, ohne Beeinflussung und nicht als Phantasie wahrnimmst?

  35. Tobias
    May 9th, 2008 01:25
    35

    Hallo Sandra,
    wie triffst Du denn wichtige Entscheidungen oder wie löst Du schwierige Probleme? Durch Intuition?

    Zur Anekdote mit dem alten Mann: Da der Buddhismus sich aus dem Hinduismus entwickelt hat, könnte es sein (genau weiß ich es aber nicht), dass man gleichzeitig Buddhist und Hinduist sein kann. Was würde der alte Mann aber sagen, wenn ich nach zwei sich gegenseitig auschließenden Aussagen frage: z.B. (um Arnes gutes Beispiel zu benutzen, mir fällt kein besseres ein) Ist Bier im Kühlschrank oder ist KEIN Bier im Kühlschrank?

  36. Sandra
    May 9th, 2008 10:05
    36

    @ Tobias

    ich habe diese Anekdote eigentlich nur erzählt, weil sie eine interessante Grundeinstellung vermittelt, die im südasiatischen Raum ziemlich weit verbreitet ist. Nämlich Zustände, die bei uns als unüberbrückbare Gegensätze gelten, einfach als Einheit wahrzunehmen.

    Vielleicht gibt es Menschen, die sich als Hindu und Buddhist sehen, WEIL es eine gemeinsame historische Entwicklung gibt. Aber genau, um diese Bemühung eines WEIL geht es. Es ist ein sehr westliche Haltung, wie ich finde.

    Und auf die Frage nach dem Bier würde er wahrscheinlich antworten: “Only God knows.” Oder, wenn er ein Geschäftsmann ist: “Yes, Export Quality. I’ll make you a special price.” ;o)

    Wie ich wichtige Entscheidungen treffe und Probleme löse? Ich denke, und denke, und denke, warte und denke. Um dann meine Entscheidung aus dem Bauch heraus zu treffen. Soll heißen, ich entwickle durch das Denken ein Gefühl, dass mich in die richtige Richtung schickt.

    Du musst dir das wie bei einem Bewerbungsgespräch vorstellen. Das Gehalt stimmt, die Postition etc. auch, aber dein Bauchgefühl sagt dir, dass du mit den Personen nicht klar kommen wirst oder das irgendwas anderes nicht stimmt. Wie wird deine Entscheidung aussehen?

  37. Arne
    May 12th, 2008 08:32
    37

    @Sandra: Klar (hoffentlich) wird jeder mal seine Annahmen, d.h. das was er glaubt (1) in Frage stellen und kritisch druchdenken, bzw. an der Richtigkeit seiner Annahmen zweigfeln. Sonst wären diese Annahmen ja ziemlich unreflektiert. Aber das ist nicht, was Du in Kommentar 29 geschrieben hast. Daher mein Einwand.

  38. Arne
    May 12th, 2008 08:34
    38

    @Tobias: Ich finde Solipsismus ist ein nettes philosophoisches Gedankenspiel, bringt uns aber in einer Diskusssion wie dieser hier überhaupt nicht weiter. Falls wir Solipsismus nicht außen vor lassen bist auch Du nur eine Phantasie von mir und ich diskutiere hier in Wirklichkeit mit mir selbst. Das wäre mir aber zu blöd und ich würde es umgehend sein lassen.

  39. Sandra
    May 12th, 2008 09:44
    39

    @ Arne

    Ach so, darum geht’s. Tageslaune und Lebenserfahrung sind als Idiom zu verstehen. Und manchmal kann die Tageslaune schon so durchschüttelt sein, dass sie selbst den Gläubigsten zweifeln lässt. Verstehste?

  40. Arne
    May 16th, 2008 18:43
    40

    Naa, es geht mir nicht um “Tageslaune”, “Erfahrung”, “reflektieren”, “zweifeln” oder was wir sonst noch so mit dem Glauben(1) des Atheisten machen koennen. Alles schoen und gut. Dagegen wollte ich nichts einwenden.
    Es ging mir um die Unterscheidung zwischen glauben(1) und glauben(2). (Idiome hin oder her.) Ja nach “Tageslaune” (oder wie auch immer) seinen Glauben(1) zu ueberdenken hat nichts mit glauben(2) zu tun.

  41. Sandra
    May 17th, 2008 19:54
    41

    Zitat Arne:
    Ja nach “Tageslaune” (oder wie auch immer) seinen Glauben(1) zu ueberdenken hat nichts mit glauben(2) zu tun.

    Was macht dich da so sicher?

  42. Tobias
    May 26th, 2008 22:17
    42

    Hallo Arne,

    habe gerade deinen Bericht von Buenos Aires gelesen und hoffe Du kannst deine Reise genießen. Wenn Du trotzdem mal Lust auf Diskutieren hast:

    Glaubst (1) oder glaubst (2) Du das diese Welt real ist?

  43. Tobias
    May 26th, 2008 22:28
    43

    Hallo Sandra,

    das Beispiel mit dem Bewerbungsgespräch finde ich gut. Dieses Gefühl, was Du beschreibst basiert aber auf Argumenten, oder? Du würdest doch auch deine Gefühle wie “Ich komme mit den Menschen nicht klar” in deinem Denken als wichtig, weniger wichtig, relevant oder nicht relevant bewerten oder?

    Die Frage wäre für mich: Triffst Du Entscheidungen irrational (aufgrund deiner Gefühle) oder rational (dein Denken entscheidet und bewertet Argumente und Gefühle)

  44. Sandra
    May 28th, 2008 11:54
    44

    Hallo Tobias,

    manchmal finde ich Argumente für mein Bauchgefühl, häufig aber auch nicht bzw. erst wenn es zu spät ist/wäre. Ich meine eigentlich die Phase, in der man etwas fühlt bevor man Gründe dafür sucht und diese zu einem Argument macht.

    Wie ich Entscheidungen treffe? Ich denke, das kommt immer auf die Problemstellung und die Wichtigkeit an. Ganz irrational treffe ich aber sicherlich keine Entscheidungen, sonst hätte man mich höchstwahrscheinlich schon eingesperrt. :o)

    Frage beantwortet?

  45. Tobias
    June 9th, 2008 22:28
    45

    Hallo Sandra,

    ja die Frage ist für mich gut beantwortet. Ich wäge auch keine Argumente ab, wenn ich überlege ob ich am Eisstand ein Schoko- oder ein Stracciatellabälchen nehme. Das hängt wie du sagst, davon ab, wie wichtig die Entscheidung ist. Ich behaupte auch nicht von mir alles schon durchdacht zu haben und Argumente für alles zu haben, was ich tue. Dazu bin ich als begrenzter Mensch nicht in der Lage. Trotzdem möchte ich für alle wichtigen Dinge nicht aus dem Bauch entscheiden, sondern rational. Das ist denke ich wichtig, vor allem wenn es um die Weltanschauung (=> Glauben) geht.

  46. Sandra
    June 10th, 2008 10:26
    46

    Hallo Tobias,

    aber gerade beim Glauben ist es doch so, dass es keine rationalen Argumente gibt.

    Oder hast du welche für dich gefunden, die einer Logik folgen und allgemein anerkannt sind?

  47. Tobias
    June 22nd, 2008 21:44
    47

    Hallo Sandra, warum denkst Du, dass es im Zusammenhang mit einer Weltanschauung keine rationalen Argumente gibt? Bist Du der Meinung, dass eine Weltanschauung nur Glauben im Sinne von (2) sein kann? Oder könnte Sie auch Glauben (1) sein?

  48. Sandra
    June 25th, 2008 17:05
    48

    Hallo Tobias,

    ich weiß nicht mehr, was 1 und 2 war, aber ich meine den religiösen Glauben. Also den, der nicht durch rationale Argumente gestützt wird, sondern nur aus einem Selbst kommen kann.

    Deshalb hatte ich Glauben geschrieben und nicht Weltanschauung. Wobei, wenn ich jetzt so drüber nachdenke, welche Weltanschauung ist denn schon gesichert? Beim Urknall angefangen über die Schöpfung bis hin zur Erde als Experiment von Außerirdischen ist doch nix rational beweisbar???

    Daraus ergibt sich auch, dass Atheisten glauben (im gleichen Sinne wie religiös Gläubige, war das 1 oder 2?). Nur eben an was anderes. Allerdings glaube ich auch, dass für ihren “Glauben” rationale Argumente ranziehen, die aber letztendlich nur Randnotizen eines großen Ganzen sind und deshalb für mich keine 100%-ige Aussagekraft besitzen. Allerdings gestehe ich jedem Atheisten (zu denen ich mich die meiste Zeit dazu zähle) auch zu, dass er das anders sieht.

    Puh, jetzt bin ich verwirrt. Und ihr???

  49. Sandra
    July 8th, 2008 16:29
    49

    Ich habe gerade ein lustiges und gleichzeitig interessantes Buch gelesen: Wer’s glaubt, wird selig von Dieter Nuhr.

    Zitat aus dem Fazit: “Ansonsten schadet Glaube nicht. Es ist ja der eigentlich Sinn des Glaubens, dass man sich die Welt erklärt, wie sie gewesen sein könnte, wie sie sein sollte, wie sie werden könnte. Aber das hat mit der Wahrheit nichts zu tun. Wer das begreift, ist ein wahrhaft >GläubigerSo-tun-als-ob-sie-wüsstenden<).

    :o)

  50. Tobias
    July 16th, 2008 23:30
    50

    Hallo Sandra,

    Dieter Nuhr geht denke ich, davon aus, dass Glauben irrational, d.h. ohne Begründung ist. In diesem Fall würde ich ihm recht geben, dass dies nichts mit Wahrheit zu tun hat. Wie begründet er diese Annahme rational? Will er sagen, dass es keine Wahrheit gibt? Dann würde er sich widersprechen, wenn er dies selbst als wahre Aussage darstellt.

    Was meinst Du? Gibt es Wahrheit? Was ist Wahrheit? Und wie kann man sie herausfinden (wenn es Sie gibt?)

  51. Sandra
    July 17th, 2008 11:14
    51

    So wie ich Dieter Nuhr verstanden habe, sagt er, dass keiner die Wahrheit kennt. Und wenn jeder für sich erkennt, dass die Wahrheit bisher für Menschen unbegreiflich ist, hat wenigstens etwas begriffen. :o)

    Und so, sehe ich das auch. Also gibt es für mich Wahrheit. Aber was sie ist bzw. sie ausmacht und ob es eine oder mehrere sind, vermag ich nicht zu sagen. Sonst würde ich sie ja kennen. Und wenn ich wüsste wie man sie herausfindet, wäre ich schon längst reich und berühmt….

    Denkst du, dass es eine Wahrheit gibt? Wie sieht sie aus? Und woher weißt du, dass es die Wahrheit ist?

  52. Tobias
    September 4th, 2008 22:43
    52

    Hallo Sandra,

    ja, ich denke, dass es eine Wahrheit gibt. Ich denke, dass sie in der Bibel zu finden ist. Jesus sagt: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater als nur durch mich (Johannes-Evangelium Kapitel 14 Vers 6).

    Woher ich weiß, dass es die Wahrheit ist?

    Diese Frage ist sicher nicht in einem Satz zu beantworten. Und ich will auch nicht behaupten, dass ich alles schon in allen Details durchdacht und verstanden habe. Deswegen ist es wichtig, sich gegenseitig zu hinterfragen und Antworten auf offene Fragen zu suchen. Aber ich will trotzdem kurz erklären, warum ich denke, dass es die Wahrheit ist.

    Du hast ja schon in deinem Kommentar Nr. 48 gefragt:

    Wobei, wenn ich jetzt so drüber nachdenke, welche Weltanschauung ist denn schon gesichert?

    Schon viele Denker haben sich Gedanken gemacht, wie man aus den vielen einzelnen Dingen in dieser Welt auf das Gesamte, das dahintersteht, die Wahrheit schließen kann. Und keiner hat es geschafft (Bitte widersprechen, wenn ich was falsches behaupte, mir geht es um die Wahrheit, nicht um meine Ansicht). Mann kann dann zu der Ansicht kommen, dass es vielleicht keine Wahrheit gibt oder man sie nicht herausfinden kann.

    Oder man kann sich auf jemanden verlassen, der die Antwort kennt und mehr weiß als ein Mensch. Allerdings sollte man prüfen, ob seine Aussagen Sinn machen. Danach kann man ihm vertrauen.

    Ich denke die Bibel beantwortet die grundlegenden Fragen des Lebens. Sie gibt im Gegensatz zu anderen Weltbildern Antworten die in sich stimmig sind, mit der Realität übereinstimmen und in der Praxis umsetzbar sind.

  53. Sandra
    October 2nd, 2008 14:33
    53

    Sicher die Bibel beantwortet grundlegende Fragen. Das tut die Bhagavadgita, der Koran und die Lehren Buddhas auch. Jedenfalls für mich.

    Warum also ist die Bibel schlüssiger für dich. Und was macht dich so sicher, dass da kein(e) Mensch(en) hinter stecken? Du musst diese Annahme ja erstmal als Wahrheit akzeptieren bevor du dich auf den “Nicht-Menschen” einlassen kannst. Oder nicht? Und dafür fehlen doch Beweise.

  54. Tobias
    November 16th, 2008 00:43
    54

    Hallo Sandra,

    tut mir leid, dass ich Dir wieder erst nach einiger Zeit schreibe. Ich habe mir nochmal Gedanken zu deinen Fragen gemacht.

    Warum ist die Bibel schlüssiger für mich? Ich denke, dass die Erklärungen anderer Weltanschauungen Widersprüche erzeugen oder nicht praktisch umsetzbar sind. Ich kann hier nicht auf alle Details eingehen und weiß sicher auch nicht über alles Bescheid. Wenn ich z.B. von einem unpersönlichen Ursprung der Welt ausgehe (Wie im Hinduismus/Buddhismus der Fall) kann ich weder erklären, wie die Welt und insbesondere die Persönlichkeit des Menschen ins Dasein kam, noch wodurch mein Leben einen Sinn bekommt. Außerdem gibt es dann keine verbindlichen ethischen Maßstäbe, gut und böse wären dann nur subjektiv für jeden selbst können aber nicht für andere gelten. In der Praxis kann ich aber z.B. nicht ohne gut und böse leben, ich denke so und kann nicht anders. Was meinst Du?

    Warum bin ich mir sicher, dass keine Menschen dahinter stecken? Obwohl die Bibel von vielen Autoren geschrieben wurde, passt alles zusammen. Verschiedene Details über Jesus und den Verlauf der Weltgeschichte wurden hunderte von Jahren vorher vorausgesagt. Welcher Mensch würde sich ausdenken, dass Gott Mensch wird und stirbt (um das Problem der Sünde zu lösen)? Jede andere Religion sagt im Gegensatz dazu, dass man sich als Mensch anstrengen muss um das Schlechte im Menschen zu überwinden.

    Hoffe ich konnte die Fragen etwas beantworten?

  55. Sandra
    December 16th, 2008 14:37
    55

    Hallo Tobias,

    diesmal habe ich etwas länger gebraucht, um zu antworten. Aber das Thema ist ja auch komplex, so dass es nicht zwischen diversen Headlines oder Tür und Angel behandelt werden sollte.

    Ich finde das Konzept von Brahman und Atman alles andere als unpersönlich. Was könnte denn persönlicher sein als die “Weltseele?” Wie kommst du darauf, dass der Ursprung des Kosmos im Hinduismus unpersönlichen Ursprungs ist??? Und würde dein Leben keinen Sinn ergeben, wenn du nach der Dharma bzw. Karmalehre handeln und beurteilt würdest? Sie gibt vielleicht nicht “gut” und “böse” vor, aber sie sagt, dass all dein Handeln entsprechende Konsequenzen nach sich ziehen wird. Und letztendlich bilden Werke wie das Mahabharata und Ramayana sehr wohl eine ethische Grundlage. Nicht anders als in der Bibel sind sie ein Leitfaden fürs Leben. Und ganz ehrlich, so eine komplexe Geschichte mit all ihren Lehren wie das Mahabharta kann sich auch kein Mensch ausgedacht haben?! ;o)

    Merkst du auf was ich hinaus möchte? Jede Religion ist in sich schlüssig, wenn man nur an sie glaubt! Ich finde das Christentum z.B. seit meinem 13. Lebenjahr alles andere als sinnvoll, logisch oder in irgendeiner Weise nachvollziehbar. Monty Python hat mit “The Life of Brian” vorgemacht wie die Geschichte ebenfall entstanden sein könnte. Und du glaubst gar nicht, was sich Menschen alles ausdenken können. Mein Beruf ist es mir täglich neue Geschichten auszudenken. Es ist immer wieder erstaunlich, was dabei herauskommt. Leider oder manchmal auch zum Glück dringt das Wenigste davon an die Öffentlichkeit.

    Was meinste? Ich hoffe, der Text ist einigermaßen verständlich. Es ist gar nicht so einfach so über so ein Thema in diesem Rahmen zu diskutieren.

    Beste Grüße
    Sandra

  56. Sandra
    December 17th, 2008 16:02
    56

    Ich habe heute einen Artikel entdeckt, der mich sofort an die Diskussion über glauben (1) und glauben (2) erinnert hat.

    Kopiert diesen Link in einen Browser:
    http://www.news.com.au/heraldsun/story/0,21985,22556281-661,00.html

    Und jetzt sagt mir, was seht ihr? Und was glaubt ihr? Und noch viel wichtiger glaubt ihr, was ihr seht?

  57. Tobias
    February 17th, 2009 20:41
    57

    Hallo Sandra,

    sorry, das ich wieder erst jetzt schreibe. Also, erstmal zu deiner ersten Frage: Wie kommst du darauf, dass der Ursprung des Kosmos im Hinduismus unpersönlichen Ursprungs ist???

    Ich kenne mich nicht sehr gut im Hinduismus aus und auch wenn nicht alles bei Wikipedia stimmen muss, steht dort unter “Brahma”, das dieser das “Prinzip der Schöpfung” ist, also nicht ein Schöpfer als Person. Unter “Brahman (Philosophie)” steht bei Wikipedia: “Brahman ist ein unpersönliches Konzept vom Göttlichen, das keinen Schöpfer und keinen Lenker beinhaltet”. Das Fatale ist, das wir mit einem Namen und vielleicht irgendwelchen Darstellungen sofort eine Person verbinden. Wenn Du dich da besser auskennst: Welche Person hat im Hinduismus die Welt geschaffen und wodurch zeichnet sie sich als Person aus?

    Wenn es nun keine Person gibt, die uns Menschen geschaffen hat, was ist dann der Sinn unseres Lebens? Keine Person => kein Plan => kein Sinn. Wozu sind wir nach dem Hinduismus da?

    Sandra, mich würde interessieren, wenn Geschichten schreiben dein Job ist: Wie unterscheidest Du, ob eine Geschichte wahr ist? Gibt es für dich überhaupt objektiv wahre Geschichten? Oder hängt das von deiner subjektiven Beurteilung ab, ob eine Geschichte wahr ist?

    Zu dem Beispiel welches Du als Link eingefüht hast: Das Beispiel finde ich echt gut. In diesem Beispiel kann man tatsächlich keine Aussage darüber treffen, in welcher Richtung sich das “Objekt” dreht. Ich habe beide Richtungen gesehen. Andererseits würden wahrscheinlich so gut wie alle, die dieses Beispiel sehen, sagen können, dass dieses Objekt ein Mensch ist, das es eine Frau ist, das die Proportionen dem Schönheitsideal unserer Gesellschaft entsprechen, das es schwarz ist…Das ist zwar auch eine Interpretation (wir sehen nur einen schwarzen Umriss), aber wir gehen so gut wie selbstverständlich davon aus. Wie können wir leben, wenn wir nicht so interpretieren würden?

    Warum können wir also nicht sagen in welche Richtung sich die Frau dreht? Ich denke uns fehlt eine Information. Wäre nicht nur der Schatten der Frau dargestellt und man könnte z.B. ihr Gesicht sehen, wären wir uns alle einig, in welche Richtung sich diese Frau dreht.

    Und was heißt das jetzt für uns?

  58. Sandra
    April 27th, 2009 17:34
    58

    Hallo Tobias,

    nun hat es etwas länger gedauert bis ich antworte. Und, um ehrlich zu sein, ist deine Frage in einem Blog sehr schwer zu beantworten, da der Hinduismus eine sehr komplexe Angelegenheit ist.

    Es gibt die Vorstellung von einem Gott, der die Welt erschaffen hat. Ich glaube, es war eine Inkarnation Vishnus. Und als Gott ist er, genau wie alle anderen Lebenwesen, ein Teil des Brahman. Aber das finde ich nebensächlich.

    Mich beschäftigt viel mehr Folgendes:

    1. Warum brauche ich einen Erschaffer, um ein sinnvolles Leben zu führen?

    2. Wer sagt, dass das Leben Sinn machen muss???

    Wenn es nach dem Hinduismus geht, sind wir dazu da unsere Pflicht zu erfüllen und Erlösung zu finden. Im Nirvana. Eigentlich ganz einfach, oder?

    Wozu sind Menschen denn im Christentum da??? Was das betrifft, finde ich im Hinduismus (den es im Ãœbrigen so gar nicht gibt) mehr Antworten.

    Je nach Wichtigkeit hinterfrage ich alle Geschichten. Eben aus dem Grund, dass sie immer jemand mit einer bestimmten Intention oder zumindest einer bestimmten Sichtweise geschrieben hat. Und solange ich diese nicht kenne, beurteile ich eine Geschichte, erstmal als Geschichte. Nicht mehr und nicht weniger. Wenn ich auf Fakten stoße, die den Inhalt der Geschichte unterstützen, glaube ich vielleicht irgendwann, dass sie wahr ist. Je nachdem, was für Fakten es sind. Also ist es am Ende eine subjektive Beurteilung.

    Nun zu deiner Frage: “Was heißt das jetzt für uns?” Eigentlich heißt das nur, dass jeder andere Rückschlüsse aus den vorhandenen Informationen zieht.

    Falls du etwas mehr über das Wesen des Hinduismus erfahren möchtest, kann ich dir empfehlen ein wenig über Nirvana, Dharma und Karma zu lesen.

    Ich bin gerade bei der Arbeit und hoffe, dass ich trotzdem mit klaren Worten geschrieben habe. Schließlich führen wir gerade eine sehr komplexe Diskussion.

    Viele Grüße
    Sandra

  59. Sandra
    April 29th, 2009 17:51
    59

    Hallo Arne,

    du hast mir nie auf meine Frage in Kommentar 41 geantwortet. Gibt es dafür einen bestimmten Grund?

    Viele Grüße
    Sandra

  60. Tobias
    June 24th, 2009 19:10
    60

    Hallo Sandra,

    ich bin derzeit dabei mich etwas genauer über den Hinduismus und den Buddhismus zu informieren.

    Hast Du eigentlich mal in der Bibel gelesen?

    Ich schreibe Dir dann demnächst mal wieder.

    Ciao

    Tobias

  61. Sandra
    July 17th, 2009 15:44
    61

    Hallo Tobias,

    natürlich habe ich in der Bibel gelesen. War ja in der Schule und dort im Religionsunterricht. :o)

    Oder wie war deine Frage gemeint?

    Gruß
    Sandra

  62. Arne
    January 12th, 2010 21:57
    62

    @Sandra (re. Kommentar 59 vom 29.04.2009)

    Ja, den Grund gibt es: Ich war zu sehr mit anderem beschäftigt.

    Zu Deiner Frage: Ich setze mal früher an, um das Missverständnis anzugehen. In Kommentar 29 schreibst Du:

    Heißt aber nicht, dass der Atheist selbst trotzdem das Problem mit sich rumträgt, sich entscheiden zu müssen, ob er nun glaubt(1) oder glaubt(2). Aber das ist ja sein Problem, dass er mit Sicherheit je nach Tageslaune und Lebenserfahrung mal so(1) und mal so(2) beantwortet.

    Das sehe ich anders. Ein Atheist zeichnet sich durch Abwesenheit von Glauben im Sinne (2) aus. Jemand, der im Sinne (2) glaubt, ist kein Atheist. Ein “gläubiger (2) Atheist” ist ein Oxymoron!
    -> Dunkel war’s, der Mond schien helle, als ein Wagen blitzeschnelle langsam um die Ecke fuhr. In dem Wagen saßen stehend Atheisten, die glaubten (2).
    Sprich: Ein Atheist, der (aus Tageslaune oder Lebenserfahrung oder warum auch immer) ab jetzt im Sinne (2) glaubt, ist ab jetzt kein Atheist mehr. Ebenso ist ein leeres Glas, das jetzt gefüllt wird, ab jetzt kein leeres Glas mehr.

    Natürlich kann es sein, dass ein Atheist früher mal keiner war und gläubig(2) war. Und es kommt sicherlich vor, dass ein Atheist zum Glauben (2) findet und dann aufhört Atheist zu sein. Klar. Kein Problem. Wenn Du das sagen wolltest, gebe ich Dir recht. Aber m.E. kannst Du keinem Atheisten Glauben(2) zuordnen – das ist entweder sprachlich/inhaltlich Unfug (der durchaus unterhaltsam sein kann, siehe das altbekannte “dunkel war’s, der Mond schien helle”, aber dadurch nicht weniger Unfug wird) oder eine Unverschämtheit, falls damit (implizit) dem Atheisten gesagt wird, dass er gar kein Atheist ist.