Gestern stand ich zum ersten Mal dieses Jahr wieder auf Inline-Skates. Bei schönstem Wetter ging es von Darmstadt nach Dieburg und zurück. In Dieburg wollte ich mir noch ein Eis gönnen – und auf dem Weg zum Eiscafe in der Innenstadt war sie wieder da, die Geißel der modernen städtischen Verkehrsplanung: Kopfsteinpflaster.
Man könnte meinen, rund 500 Jahre nach dem Mittelalter und 61 Jahre nach dem Krieg könnten wir diesen rückständigen Straßen- und Wegebelag hinter uns gelassen haben. Aber nein, die weisen Stadtplaner aller Orten sind da wohl anderer Meinung. Auf Straßen, Plätzen und (Geh)wegen wird es wieder vermehrt eingesetzt.
Bevor ich eine Auswahl der unzähligen Nachteile von und Argumente gegen Kopfsteinpflaster erläutere, muss ich der Fairness halber den einen Vorteil nennen, der mir einfällt und der Bestand haben könnte:
Im Gegensatz zu einer geschlossenen Asphaltdecke ist ein kopfsteingepflasterter Boden nicht versiegelt, das Regenwasser kann in den Boden sickern. Das ist gewiss prima, rechtfertigt meines Erachtens aber nicht im Entferntesten das übrige Elend, das man mit dem Zeug hat.
- Es ist laut. Darüberfahrende Autos verursachen weit mehr Lärm als über Asphalt fahrende.
- Es ist glatt (bei Nässe und schon bei kleinen Mengen Schneematsch). Wie viele ältere Mitmenschen sich wohl schon auf glattem Kopfsteinpflaster einen Oberschenkelhalsbruch geholt haben, der ihnen auf Asphalt erspart geblieben wäre.
- Es ist durchzogen von Fugen. Gut, ich würde auch auf asphaltierten Fußwegen nicht mit Stöckelschuhen rumlaufen, aber auf Kopfsteinpflaster muss es erst richtig die Hölle sein.
- Es ist uneben. Mit dem Fahrrad darüber fahren ist eine Tortur. Alles wackelt und vibriert, Schrauben lösen sich, Schutzbleche fallen ab, der Blick verliert ob der Vibrationen den sicheren Fokus, leichte Gehirnerschütterungen und Gelenkschmerzen setzen ein (letzteres stelle ich mal als These in den Raum und überlasse es den Medizinern, diese durch wissenschaftliche Untersuchungen zu be- oder widerlegen).
- Es ist uneben und durchzogen von Fugen (II). Um noch mal auf die älteren Mitmenschen zurückzukommen: Schon mal jemanden mit einer Gehhilfe über Kopfsteinpflaster holpern sehen? Nicht gut…
- Es ist uneben und durchzogen von Fugen (III). Ich werde mich gar nicht weiter darüber auslassen, wie beschissen man mit Skates über Kopfsteinpflaster fährt, ansonsten rutscht meine Sprache nur noch weiter auf niedrigstes Fluchniveau herab.
Natürlich kann man Kopfsteinpflaster auch Vorteile unterstellen, die haben aber entweder keinen Bestand oder sind ungewichtig:
- Es beruhigt denn Verkehr? Papperlapapp! Von “beruhigen” kann sowieso schon mal keine Rede sein (siehe oben), und es “verlangsamt” den Verkehr auch nicht. Mit dem Auto kann man problemlos auch über Kopfsteinpflaster brettern.
- Es ist billiger/haltbarer? Wird das überhaupt behauptet/ist das überhaupt so? Keine Ahnung, aber wenn dem so ist: Ja und? Es wäre auch billiger die Polizei statt mit Autos nur mit Tretrollern auszustatten und Reifen aus Edelstahl wären auch haltbarer als luftgefüllte Gummimäntel.
- Es sieht schöner aus? (Soll ich da überhaupt was zu sagen?) Autobahnen mit Rasen als Straßenbelag sähen ja auch viel hübscher aus…
Mein “Kompromissvorschlag”:
- Kopfsteinpflaster auf Plätzen (Beispiel Darmstadt: Auf dem Luisenplatz),
- mindestens auf neuangelegten Plätzen aber mit breiten, asphaltierten Radwegen (die fehlen auf dem neugestalteten Platz vor dem Darmstädter Hauptbahnhof natürlich),
- und keinesfalls auf Straßen oder Gehwegen (also nicht so wie kürzlich vorm Wellnitz in Darmstadt geschehen).
So, das musste ich mal loswerden.