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Mit Sicherheit untergehen

Es wäre schön, wenn die Ordnungsmacht so gezielt operieren könnte, dass nur die Verbrecher ihrer Rechte beschnitten werden würden, doch das ist unrealistisch (…). Also müssen die Rechte vieler eingeschränkt werden, um einige wenige zu überführen – ein Grundsatz, der umso mehr beim Kampf gegen den Terrorismus gilt. (…) Um die Gewalt von Einzelnen zu bekämpfen, übt der Staat selbst Gewalt aus. Die völlige Chancenlosigkeit des Verbrechers hätte somit eine Kehrseite: die absolute Macht der Behörden. Dann wäre die Kriminalität keineswegs abgeschafft, sondern vom Individuum auf den Staat verlagert.

Wenn also Ostnostalgiker von der geringen Kriminalitätsrate in der DDR schwärmen, ignorieren sie den verbrecherischen Staat, der diesen Zustand ermöglichte. Nur ein flüchtiger Blick auf die Geschichte des vergangenen Jahrhunderts dürfte jeden überzeugen, dass Staatskriminalität tausendfach schlimmer ist als jegliche Individualkriminalität, dass der Terror Vereinzelter nicht annähernd so verheerend ist wie der Staatsterror. Deswegen gilt ein einfacher Grundsatz: Ein Politiker, der Bürgerrechte abbaut, ist langfristig gefährlicher als ein Terrorist.

Quelle: Ein langer, aber sehr lesenswerter Artikel von Ilija Trojanow auf derStandard.at (via lawblog).

7 Responses to “Mit Sicherheit untergehen”

  1. Torsten
    March 19th, 2008 13:17
    1

    Neulich in Berlin: Am Hauptbahnhof ein Plakat mit dem Rrreichstag. Dazu der Text: “Hier regiert das Volk.” Und was für ein Volk.

  2. st
    March 20th, 2008 18:36
    2

    Wenn ein Staat absolute Macht bzw. Kontrolle hat, führt das dann automatisch dazu, dass der Staat diese Macht mißbraucht und zum Verbrecher wird?

    Oder ist das nur schlechte Erfahrung oder das Problem der schwachen menschlichen Natur?

    Wäre ein ‘Regierungsautomat’ vorstellbar, der zwar die absolute Kontrolle über seine Bürger hat, diese aber wirklich nur nutzt um Regelverstöße zu sanktionieren?

  3. Arne
    March 22nd, 2008 09:22
    3

    @st: Ich fürchte, absolute Macht&Kontrolle sind schon per se abzulehnen, noch bevor sie missbraucht wird. Ich möchte jedenfalls nicht absolut kontrolliert werden, selbst wenn ich nichts Schlimmes zu verbergen habe und die absolute Macht&Kontrolle nur dazu dienen, Regelverstöße zu sanktionieren. Absolute Kontrolle bzw. einfach nur “Ãœberwachungsdruck” führt, denke ich, schon zu einer Abänderung des Verhaltens und (somit) Begrenzung der Freiheit, selbst wenn man nichts Schlimmes zu verbergen hat.

    Die Frage nach dem Regierungsautomat würde ich so, wie sie gestellt ist, verneinen; (konkret) “vorstellbar” finde ich das nicht. Aber als hypothetische Frage ist sie natürlich interessant. Aber auch dann ist m.E. absolute Kontrolle aus prinzipiellen Günden abzulehnen.

  4. Torsten
    May 6th, 2008 10:16
    4

    Die Inselaf—Engländer waren die ersten die damit angefangen, haben. Und jetzt sind sie naturgemäß die ersten, die merken, dass das nix bringt mit den Kameras:
    http://www.sueddeutsche.de/,ra2m1/panorama/artikel/559/173046/

  5. Sandra
    May 6th, 2008 16:04
    5

    Ich kann mich Arnes Aussage nur anschließen. Ich denke auch, dass allein das Wissen über eine ständige Kontrolle und Überwachung zu einer grundlegenden Verhaltensänderung führt.

    Abgesehen davon existiert dort, wo Kontrolle vorherrscht, auch immer ein Kontrolleur. Und diese sind bekanntermaßen aus ihrer Funktion heraus nicht mit der Masse gleichgestellt und eher für Korruption anfällig.

  6. Torsten
    May 7th, 2008 10:15
    6

    Das Problem der Kontrolle ist der Wegfall der Unschuldsvermutung: Jetzt gilt jeder als prinzipiell verdächtig.

  7. Sandra
    May 7th, 2008 10:21
    7

    Die Unschuldsvermutung sagt doch letztendlich auch nur aus, dass jeder verdächtig ist. Wenn etwas vorsätzlich passiert ist, dann muss das jemand verursacht haben. Und wenn jeder erstmal als unschuldig gilt, ist auch jeder verdächtig, oder nich?

    Und wenn nix passiert, interessiert’s sowieso keinen. :o|